Duttweiler | A bis Z |

Hintergrund
Der Kampf um den Wald
| Der Streit um die Haingeraide |

Streitigkeiten
Im Jahr 1713 entstand zwischen der Gemeinde Duttweiler und der 5. Haingeraide ein Streit. Folgendes war die Ursache: In der Chronik des kurpfälzischen Amtsschrejbers Jakobus Beuwerlin von Weingarten, ehemals Lehrer in Rhodt, über das Testament des Königs Dagobert und die Geraidewälder berichtete Beuwerlin (auch Beyerlin), daß die Dörfer Maikammer, Diedesfeld, Kirrweiler und St. Martin mit Duttweiler zur fünften Haingeraide gehören.
Letzteres war keine Ortschaft, sondern einmal ein Hofgut, das zwischen der Kropsburg und St. Martin gelegen hatte. Es dürfte während des 30jährigen Krieges untergegangen sein.
Schultheiß Philipp Weiß und zwei Gemeindevertreter aus dem kurpfälzischen Duttweiler, das zum Oberamt Neustadt gehörte, hielten sich an den Text des Dagobert'schen Testaments. Nach ihrer Meinung bestand keine Veranlassung diesen zu prüfen oder die Glaubwürdigkeit der besagten Chronik anzuzweifeln. Sie glaubten vielmehr, Ansprüche auf Mitbenutzung des Waldes geltend machen zu müssen. In dieser Absicht erschienen sie im Jahr 1713 vor dem Geraidegericht. Hier wurden sie nicht als Geraidegenossen anerkannt und ihre Bitte energisch abgewiesen. Duttweiler aber gab keine Ruhe. Am 24. Februar 1721 (Montag vor Aschermittwoch) forderte Schultheiß Weiß mit einigen Gerichtsleuten abermals sein vermeintliches Recht. Das Gericht blieb bei dem im Jahr 1713 gefaßten Beschluß.

Die "Schlacht" im Hinterwald

Hastig krempelten die Männer der 5. Haingeraide Hosen und Hemdsärmel hoch. Mit Dreschflegeln, Spaten, Pickeln und Mistgabeln stürzten sie sich auf die Missetäter. Ein erbitterter Kampf begann. Die Grenadiere griffen zu den Waffen. Die Wagen schepperten und rasselten. Einige Zugtiere rissen sich los. Pferde wieherten und drehten sich im Kreis wie ein Karussell. Gleich einem Hagelwetter prasselten Steine ins feindliche Lager. Spatenhiebe zertrümmerten die Wagen. Im Sonnenlicht zuckten die Reflexe der schwingenden Pickel und Mistgabeln. Dreckklumpen spritzten wie Geschosse hinüber und herüber. Peitschen knallten unaufhörlich. Die Erde war
aufgewühlt. Der Wald glich einem Trümmerfeld.
Allmählich lösten sich die Menschenknäuel, die sich in wildem Kampf hin und her bewegten. Lediglich einige Unnachgiebige lieferten sich ein Handgemenge. Nicht die Einsicht siegte. Die allgemeine Erschöpfung auf beiden Seiten stoppte die Fehde. Es gab keine Sieger und keine Verlierer, dafür aber um so mehr Verletzte. Tote soll es keine gegeben haben. Zum Teil mit klaffenden Wunden und abgekämpft schlurften die Männer der beiden Lager nach Hause. Die Duttweilerer, so sie dazu noch fähig waren, lasen die zerstreut liegenden Bruchstücke ihrer Wagen auf! Soweit die mündliche Überlieferung.
Wer nun der Meinung war, die Duttweilerer hätten einen solchen Denkzettel verpaßt bekommen, daß sie nie wieder Rechte geltend machen würden, der hatte sich gründlich getäuscht. Schon am folgenden Tag versuchten sie abermals, ihr vermeintliches Recht durchzusetzen. Es soll wieder im Wald zu einem Handgemenge gekommen sein und auch in den folgenden Tagen.
Für dieses Niederzwingen, das die Duttweilerer zutiefst beschämte, ersannen sie Rache. Am 16. Dezember 1747 ritten mit aufgepflanzten Bajonetten kurpfälzische Grenadiere und Dragoner vom kurpfälzischen Leibregiment Mannheim in Maikammer, Diedesfeld und St. Martin ein. Es kam zu schweren Handgreiflichkeiten. Es gab nicht wenige Verletzte. Einige vermeintliche Rädelsführer wurden gewaltsam festgehalten und als Arrestanten abgeführt. Diese willkürliche, kurpfälzische Justiz ließen sich die Geraidebauern nicht gefallen. Sie schickten einen Notar mit Zeugen zum Oberamt Neustadt. Als dieser ankam, schlug ihm der diensthabende Regierungsrat Stengel derart heftig und wutentbrannt sechsmal ins Gesicht und so auf die Brust, daß seine Begleiter von der Angst geschüttelt, schnellstens Reißaus nahmen. Dem Bericht des Chronisten zufolge, hatte der Notar in der Nacht noch solche Schmerzen, daß er nicht schlafen konnte.
Nach diesem Debakel beschritten die Geraidegenossen einen Weg, der mehr Erfolg versprach. Sie sandten am 21. Dezember 1747 einen Bericht über die erlittenen Gewalttätigkeiten an Kaiser Franz 1. nach Wien. Am 26. März 1748 traf das Antwortschreiben ein. Der Kaiser wies alle Ansprüche der Gemeinde Duttweiler energisch zurück und belegte die kurpfälzische Regierung mit einer Geldbuße
Quelle: St. Martin - Geschichte eines Dorfes von Cäcilie Ziegler, erschienen 1984 in der pfälzischen Verlagsanstalt