Duttweiler | A bis Z | Chronik 2010 |
14. April 2010
"Seid bereit zum Wahnsinn"
| Perpetuum Cantabile |
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Portrait Perpetuum Cantabile in der Rheinpfalz

Das gemeinschaftliche Singen ist - immer noch - eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen, eine kulturelle Volksbewegung, die mit ihren Konzerten ganz wesentlich zum öffentlichen Leben beiträgt - schreibt die Rheinpfalz. Grund genug für eine Serie über Chöre der Region. In der heutigen Ausgabe wird über den Jugendchor - der sich inzwischen Junger Chor nennt - „Perpetuum Cantabile" aus Duttweiler berichtet:
Superlative gefällig? Gigantisch, gewaltig, großartig oder, angemessen jugendsprachlich ausgedrückt, einfach „great" - so präsentiert sich „Perpetuum Cantabile". Der Chor entstand 1994 als Jugendchor des Männergesangvereins Duttweiler, als dort Steffen Utech den Dirigentenstab übernahm. „Wir waren zuerst ohne Namen. Auf einer Chorfreizeit im Winter setzten wir uns gemeinsam hin und entwickelten Ideen. Heraus kam ,Fortwährend singen", abgeleitet vom "Perpetuum mobile"", erklärt der Vorsitzende Richard Städtler. Mittlerweile sind die jungen Leute ein „Verein im Verein". Sie proben seit einiger Zeit in Neustadt, in den Räumen der Liedertafel oberhalb des Leibniz-Gymnasiums. Aus Duttweiler gibt es nur noch ein, zwei Sänger, der Rest kommt aus Neustadt, Haßloch, Bockenheim oder Mannheim.
Immer wieder verließen gleich ein Dutzend junger Menschen den Chor, wenn sie in Studium, Auslandspraktika oder Beruf gehen, so Städtler. Daher sei der Probetermin auf Freitagabends gelegt. Glücklicherweise rücke immer wieder „Nachwuchs" auf. Nach Konzerten gebe es oft neue Interessenten, man werbe auch an Schulen, sagt der 26-jährige Lehramtsreferendar. Er ist ein „ehemaliges" Weinkehlchen, wie sieben weitere Mitsänger, und erlebte Utech als Chorleiter des Pfälzer Kinderchors.
Auf solchen Stimmen kann Utech gut aufbauen. Der 41-jährige Lehrer lässt äußerst intensiv einsingen. Körperliches, rhythmisches, stimmliches, richtig anspruchsvolles Auflockern dauert bei ihm eine halbe Stunde. Die hauptberufliche Stimmbildnerin Sylvia Archinger entführt jeweils für 20 Minuten ein Chormitglied in den Nebenraum. „So erhalten bei jeder Probe einige Sänger Einzelunterricht im Gesang", setzt Utech auf sehr akzentuierte Ausbildung.
Aber erst wähnt sich der Zuhörer auf einem Bauernhof. Bellen, Muhen, Entengeschnatter wird täuschend echt imitiert. „Alle meine Entchen" in Entensprache gesummt. Man merkt, die Leute, viele zwischen 15 und 25 Jahre alt, die Geschlechter gleichmäßig vertreten, werden auf beste Weise motiviert. Hier hat das Singen überhaupt nichts Verstaubtes an sich, es geht „rund" und abwechslungsreich zu. Kein Wunder, dass ein Neuankömmling gleich begeistert mitmacht. „Sei bereit zum Wahnsinn", ruft der Chorleiter dem interessierten Mädchen zu.
In „wahnsinnigem" Bogen spannt sich auch das Repertoire. Bei einem Durchschnittsalter von knapp über 20 verwundert es ein wenig, dass Heinrich Schütz, Giacomo Puccini oder John Rutters „Magnificat" schon in Konzerten auf dem Programm standen. Hoch im Kurs steht auch „Nordisches" von Jaakko Mäntyjäroi oder Arvo Pärt. Aber es gibt auch Hits der „Beatles" und von „Abba", Gospels und Musicals. „Wir wollen uns nicht festlegen auf eine Richtung", erläutern Städtler und Utech. Modernste, jazzige Sätze von Volksliedern wechseln sich so ab mit Mozart und Filmmusik. Und der „Drunken Sailor", ein „uralter Ohrwurm" wird in neuen, modernen Dimensionen interpretiert, „die noch nie ein Mensch zuvor gehört hat", wie eine Rezensentin notierte.
Der Chor ist ehrgeizig, lässt sich mitreißen. „Wir nehmen an Wertungssingen teil, stellen uns der Jury. So können wir gezielt auf etwas hinarbeiten", stellt Utech fest, der mit der Gruppe schon einige Siege errang. Holger Klohr aus Haßloch ist schon von Beginn an dabei. „Sehr nette Leute und ein abwechslungsreiches Programm, es macht immer Spaß", begründet er seine Treue. Silke Hoffmann, Schülerin am Käthe-Kollwitz-Gymnasium, ist erst seit einem Jahr im Ensemble. „Ich kenne den Chorleiter noch aus der Weinkehlchenzeit. Singen gefällt mir einfach", sagt die 16-Jährige. Zum Zusammenhalt tragen auch die jährlichen Singfreizeiten bei. Außerdem trifft man sich einmal im Monat zu weiteren Aktivitäten wie Schwimmen, Grillen, Wandern, Radfahren.
Inzwischen hat Utech die jungen Leute richtig aufgewärmt. „War Euer Tag nicht so schön heute?", fragt er, als es noch ein bisschen an der Ausstrahlung hapert. „Auf geht"s, die Sonne scheint, es wird Frühling", motiviert er schließlich mit Schwung zu hörbaren Höchstleistungen.

Pressespiegel
„Sei bereit zum Wahnsinn" Die Rheinpfalz, 14. April 2010