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21. März 2010
Ein konzentrierter Riesling zum Beißen
| Weingut Geissler |
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Weintipp in der Rheinpfalz am Sonntag

In der Sonntagsausgabe der Rheinpfalz werden regelmäßig Weintipps veröffentlicht. In der aktuellen Ausgabe bespricht die Zeitung nicht nur einen Wein aus dem Weingut Geissler, sondern geht auch ein wenig auf den Winzer und die aktuellen Trendweine ein.
DER WEINTIPP: 2008 Riesling Kabinett, Weingut Geissler, Neustadt- Duttweiler
Die Segnungen moderner Weinbautechnik mit verbesserter Traubenqualität, Stahltanks, Gärkühlung, Reinzuchthefe und gut ausgebildeten Kellermeistern sind unübersehbar: Im Vergleich etwa zu 1980 ist der Anteil sauberer, mit Vergnügen trinkbarer Weine erheblich gestiegen. Leider stellen sich Nebenwirkungen ein. Die meisten schmecken und riechen irgendwie gleich: Sie duften nach frischem Obst, Fruchtbonbons oder Kräutern, schmecken wie nicht zu süße Limonade und hinterlassen ein angenehmes Mundgefühl, nur eines nicht: den Eindruck von Charakter, von Ecken und Kanten, von Eigenwilligkeit und Einzigartigkeit.
Gut, wie immer übertreiben wir ein bisschen. Es gibt auch viel mehr großartige Spitzenweine als früher, die ihr teures Geld wert sind. Doch der weit verbreitete, professionell gekonnte Allerweltsgeschmack hat eigenwillige Charaktere verschwinden lassen.
Wer von breit getretenen Trampelpfaden abweicht, verirrt sich leichter. Streitbare Individualisten machen Fehler. Es gelingt ihnen nicht alles. Vor allem aber sind sie nicht mehrheitsfähig, sondern schwierig, extrem, radikal und jedenfalls unverzichtbar. So einer ist Wolfgang Geissler in Duttweiler. Er hat seine Prinzipien. Keine Verwendung von Zucker. Keine Entsäuerung. Jahrgangscharakter betonen statt verwischen. Er sagt: „Diese braven, modernen Fruchtaromenweine mag ich nicht." Deshalb gibt es sie bei ihm nicht. Keiner seiner Weine schmeckt wie der andere. Manche wirken traditionell, manche gewöhnungsbedürftig, manche überraschen durch erstaunliche Sortentiefe.
Aus dem säurebetonten Jahrgang 2008 füllte Geissler einen Riesling Kabinett mit nur elf Prozent Alkohol, der mit 10,6 Gramm Säure pro Liter alle Rekorde schlägt. Nach dem ersten Schock erkennen wir die Vorzüge: fleischig und robust, ehrlich und klar, ein konzentrierter Riesling zum Beißen, der mit jedem Schluck mehr Spaß macht, aber garantiert nur einer kleinen, radikalen Minderheit schmeckt.
Vorsicht: Dieser Wein kann Ihre Augen hervortreten lassen!

Pressespiegel
Brav? Niemals! Die Rheinpfalz, 21. März 2010